Geburtsbericht Kai
Etwas mehr als einen Monat nach der Geburt unserer Tochter sitze ich nun hier und versuche, meine Gedanken zu unserer Hausgeburt, die sich gerade erst zu ordnen beginnen, niederzuschreiben. Und eines vorweg: Was diese Hausgeburt war, weiß ich immer noch nicht so genau. Ich kann nur sagen, dass das Erlebnis definitiv das intensivste war, das ich jemals hatte. Und Birgit war und ist Teil davon. Die Tatsache, dass sie im Leben so vieler Menschen eine solche Rolle einnimmt, die mit so viel Verantwortung und Kompetenz einhergeht, macht mich immer noch sprachlos. Aber jetzt eins nach dem anderen.
Die Entscheidung für die Hausgeburt
Wir haben uns schon bevor wir tatsächlich schwanger waren für eine Hausgeburt entschieden, weil sich das für uns einfach richtig angefühlt hat. Wir sind sehr gerne zuhause, mögen es gemütlich und haben es uns einfach schön vorgestellt, dieses neue Leben direkt hier starten zu lassen. Was aber auch immer klar war war, dass, sobald es im Vorfeld irgendwelche Probleme gegeben hätte, wir auch kein Problem mit einer Geburt im Krankenhaus gehabt hätten. Zudem ist die Klinik nicht weit weg (5 Minuten mit dem Auto) und somit war das Risiko für uns kalkulierbar. Ein weiterer Aspekt, der für uns unverzichtbar war, war das gemeinsame Gefühl, mit unserer Hebamme jemanden zu haben, dem wir uneingeschränkt vertrauen und mit dem wir uns auf einer Wellenlänge fühlen. Das war mit Birgit sofort der Fall. Die Ruhe, die sie ausstrahlt, die Feinfühligkeit, den Humor und für mich auch sehr wichtig: Das ehrliche Einbeziehen des Mannes in den Geburtsprozess. Meine Frau und ich haben uns nach unserem ersten Treffen mit Birgit angesehen und wussten beide: Das ist sie, mit der trauen wir uns das zu. :)
Vorbereitung auf die Geburt
Schon im Vorfeld haben wir uns Gedanken gemacht, was zu tun ist, wenn es denn losgeht. Auch hat meine Frau sich im Hypnobirthing geübt, sich also eine Meditationshaltung antrainiert, mit der sie die Geburt dann machen wollte. Auch da gab es viel, was wir abgesprochen haben. Es wurden bspw. sog. Anker festgelegt (Geräusche, Berührungen, Düfte), die ich immer wieder setzen sollte, um meine Frau während der Geburt immer wieder in den Meditationszustand zu versetzen. Durch diesen Zustand haben wir uns erhofft, dass die Geburt besser zu meistern ist und der ganze Prozess dadurch weicher verläuft. Auch Teil davon ist, der Frau keine Fragen zu stellen, da dies die Meditationshaltung stört; es sollten eher Vorschläge gemacht werden, auf die höchstens mit Ja oder Nein zu antworten ist. Meine Rolle wurde mir von Birgit zum ersten Mal erklärt. Vorher war ich mir sicher, ich habe keine, außer nicht umzufallen. Birgit hat mir klargemacht, dass ich derjenige sein kann, der unserem Kind das Gefühl gibt, in Sicherheit zur Welt kommen zu können, obwohl die Mutter gerade Anderes zu tun hat. Auch darauf habe ich mich vorbereitet. Nie konkret durch irgendwelche Maßnahmen, viel mehr dadurch, immer wieder darüber nachzudenken, wie ich genau dieses Gefühl vermitteln kann.
Die Geburt
Es ging dann eine Woche vor ET plötzlich los mitten in der Nacht los mit regelmäßigen Wehen. Das Haus wurde dann, als wir sicher waren, dass es wirklich war, was wir dachten, geheizt, alles wurde beruhigt und meine Frau hat es sich im Wohnzimmer bequem gemacht. Meine Rolle war, alles drumherum so zu gestalten, dass nichts stört, es schön warm ist, alles da ist, was man eben so braucht (da gibt es so eine Liste von Birgit :) ). Die anfänglichen Wehen hat meine Frau gut ausgehalten und so ist Birgit erst nach ein paar Stunden kurz vorbeigekommen, um die Lage zu checken. Alles war aber so weit in Ordnung und wir waren ruhig, sodass sie wieder gefahren ist (wir waren uns beide sicher, dass wir das noch allein schaffen, es war an sich sehr schön zu diesem Zeitpunkt) und sie kam erst am Abend wieder, als wir dann das Gefühl hatten, dass es jetzt langsam so ernst wird, dass wir uns eben allein NICHT MEHR wohl fühlten.
Birgit kam dann abends zu uns, erkundigte sich nach unserem Befinden und zog quasi ein. Zum Glück fühlte sich das gut an, da wir beiden gerade eine sehr intensive Zweisamkeit erlebt haben. Ein sehr sensibler Raum, in dem Birgit jedoch absolut nicht störte, sondern es sogar schaffte, dass man sich richtig freute, dass sie nun auch da sein wird.
Der weitere Prozess zog sich dann über viele Stunden. Die Wehen wurden stärker, die Orte gewechselt. Vom Teppich im Wohnzimmer in die Badewanne ins Hängetuch. Zunächst war der Muttermund kaum geöffnet, was uns große Sorgen bereitet hat. Nachdem Birgit aber dann einige Maßnahmen ergriffen hatte, tat die Badewanne ihr Übriges und wir waren gegen Mitternacht einen großen Schritt weiter.
Die restliche Nacht war dann jedoch geprägt von sehr regelmäßigen, starken Wehen, die jedoch nie ein Maß überschritten, von dem man erwartet hätte, dass nun wirklich unser Kind da rauskommen könnte. Birgit ließ uns auch in dieser Zeit immer wieder Raum zu zweit, spürte, wann wir was brauchten und zog sich sehr sensibel zurück, war dann aber immer da, wenn sie es sein musste. Meine Frau hielt das tapfer durch, irgendwann gegen 8 Uhr morgens waren Birgit und ich dann jedoch in Sorge, dass sie das so lange nicht mehr durchhalten würde und wir irgendwie stärkere Wehen bekommen müssten, dass es weitergeht. Das war die sensibelste Phase, da wir wirklich überlegt haben, zu welchem Zeitpunkt wir vielleicht ins Krankenhaus gehen sollten. Ich fühlte mich zu diesem Zeitpunkt furchtbar, habe unsere Entscheidung mit der Hausgeburt auch angezweifelt und konnte mir einfach nicht vorstellen, wie meine Frau in diesem Zustand noch ins Krankenhaus kommen sollte. Auch in dieser Phase blieb Birgit authentisch, machte keinen Hehl daraus, dass sie sich gerade gerne mit einer Kollegin beraten würde und tat dies dann auch. Nach langer Diskussion, in der ich mich nie zu irgendetwas gedrängt, gleichzeitig sogar sicher fühlte, entschieden wir uns, eine letzte Maßnahme noch zu probieren, die noch helfen könnte. Es war mittlerweile 9:30. Und diese Maßnahme war es dann, die den Prozess nochmal ankurbelte und die Wehen brachte, die wir “brauchten”.
Dann ging die richtige Geburt los und wir wussten alle: Wir schaffen das, bald ist unser Kind da. Von hier an dauerte es weitere zweieinhalb Stunden und wir brauchten jede Kraft, die wir noch irgendwo hatten. Birgit schaffte es, meine Frau so durch die Presswehen zu führen, dass auch sie sich sicher fühlte und jemanden hatte, der genau wusste, was hier passiert. So verbrachten wir zu dritt diese Zeit auf dem Teppich, der letztlich also der Geburtsort sein sollte.
Es war ein magischer Prozess. Weder positiv, noch negativ, einfach nur intensiv. Ich habe so etwas Gewaltiges, Schönes, Schlimmes, Beeindruckendes noch nie erlebt und bin so froh, dass wir es so gemacht haben. Hier kam mir besonders zugute, dass Birgit sich auch mit mir beschäftigt hatte und ich wusste, was meine Aufgabe hierbei ist. Ein sicherer Hafen zu sein, der Ruhe und Halt in den Sturm bringt. Das gab auch mir Halt, da ich sonst vermutlich einfach umhergeirrt wäre. Ich kann mich auch nicht erinnern, jeweils so beeindruckt von einem Menschen gewesen zu sein wie ich es in diesem Moment von meiner Frau war. Das war die pure Naturgewalt, die sie ausgehalten und manifestiert hat - ein eine wahnsinnige Demut gepaart mit größten Erstaunen fühle ich noch heute, wenn ich an diese Stunden denke.
Unsere Tochter kam dann um 12:00 zur Welt, war putzmunter und war direkt in unserem warmen, geliebten Wohnzimmer in unserem Arm. Birgit machte noch die direkte Nachsorge, versorgte meine Frau und zeigte uns noch das Wichtigste, was wir bis zum nächsten Tag brauchten. Sie ging dann gegen 17:00 nach Hause und wir hatten unseren ersten Abend mit unserem Baby vor uns. Von da an besuchte uns Birgit fast jeden Tag. Wir freuten uns immer, sie zu sehen, da sie auch bei den Besuchen immer wieder Sicherheit in unseren vollkommen neu entstandenen Alltag brachte.
Fazit
Wir würden es immer wieder so machen, auch, wenn ich mir bewusst geworden bin, dass ich eine Hausgeburt niemandem empfehlen würde. Ebenso, wie ich auch keine Krankenhausgeburt empfehlen würde. Jeder muss entscheiden, wie er/sie sich fühlt und danach entscheiden. Wir können nur sagen, dass wir auch bei unserem nächsten Kind (sollte es soweit kommen) wieder eine Hausgeburt haben wollen würden - aktuell zumindest. Sollten wir uns jedoch zum jeweiligen Zeitpunkt dann eben nicht mehr so fühlen, würden wir uns auch anders entscheiden. Wir hatten das Glück, dass bei allen Vorsorgeuntersuchungen alles immer in Ordnung war und auch meine Frau keine größeren Beschwerden hatte. Wäre das anders gewesen, wüsste ich nicht, wie wir es gemacht hätten. Von dem her: Wenn Hausgeburt, immer wieder mit Birgit!!! Wir sind ihr unglaublich dankbar für alles, was sie für uns getan hat und wie sie mit uns diesen Prozess begleitet hat. :)